In meiner Arbeit als Naturheilpraktikerin und Therapeutin bediene ich mich täglich einem der natürlichsten Heil- und Diagnosemittel, welches vielerlei Wirkungen entfaltet, mir hilft meine Klienten besser erfassen zu können und dabei keinerlei schädigende Nebenwirkungen hinterlässt. Dieses wertvolle Mittel kann jederzeit von jedem angewendet werden. Es ist die Berührung.
Sie nährt und heilt auf allen Ebenen. Besonders da, wo Berührungen im Alltag eher zu kurz kommen, entfalten sie oft eine überwältigende Wirkung und lassen für einen Augenblick ein Gefühl von Geborgenheit und Leichtigkeit in den Alltag hineinfliessen.
Einen Tag in der Woche darf ich in einem Wohnheim für erwachsene Menschen mit besonderen Bedürfnissen tätig sein. Dort biete ich Aromabäder und Massagen an, um das Wohlergehen der Bewohner zu steigern. Dies ist eine wunderbare und erfüllende Bereicherung in meinem Leben, für die ich sehr dankbar bin.
Die Begegnung mit diesen Menschen lässt mich viel lernen und Dinge auch mal aus einer anderen Perspektive betrachten. Unter anderem darf ich immer wieder die Erfahrung machen, wie wertvoll doch die kleinsten Berührungen sind, wenn sie von Herzen kommen.
Zum Beispiel konnte neulich ein sanftes Streicheln über die Wange, die Augen einer Bewohnerin, die zuvor wohl mit dem linken Bein aufgestanden war und nur "herumwetterte", erstrahlen lassen. Ihr Mund formte sich sofort für mehrere Minuten zu einem Lächeln. Die Zeit schien für uns beide einen Moment still zu stehen und der Raum füllte sich mit Ruhe und Liebe. Die schlechte Laune der Bewohnerin war danach für den ganzen Tag wie weggezaubert.
Ein blosses Händehalten lässt den Herzschlag einer jungen Frau jeweils sofort beruhigen und diese Person, die vorher oft laut herumschreit, kann plötzlich entspannt ihr Bad geniessen und mich dabei sogar friedlich anlächeln, wenn ich ihr mit der anderen Hand über den Rücken streiche oder kurz über ihr Haar fahre.
Ausserdem gibt es wohl keine schönere Belohnung für eine Arbeit als das srahlende Lächeln eines Menschen, der sich so sehr auf seine Massage freut, dass er diese Freude sogar mit einem Luftsprung verdeutlicht, da er sich nicht der verbalen Sprache bedienen kann.
An diese Berührungen habe ich mich jedoch behutsam vorgetastet. Es brauchte viel Vertrauen bis ich diese Menschen so behandeln konnte. Zu Beginn wäre dies nicht möglich gewesen. Da hiess es schnell mal "jetzt langts aber!" und man lief einfach davon oder schubste mich sogar weg. Doch mit Respekt, Mitgefühl und Akzeptanz konnte ich mich immer näher an sie herantasten.
... ich merke gerade beim Schreiben, wie sehr diese Leute, die ich einmal in der Woche berühren darf, mich selbst berühren.
Das Bedürfnis des Menschen zu berühren und berührt zu werden ist von Geburt her, genauer gesagt schon im Mutterleib, tief in uns verankert.
Der Berührungssinn ist der erste Sinn, der sich bei einem Embryo entwickelt. Die Haut entsteht in dieser embryonalen Entwicklung aus dem gleichen Keimblatt, dem Ektoderm, wie das Nervensystem. Haut und Nervensystem stehen in enger Verbindung und Wechselwirkung miteinander.
Dies machen sich auch viele Therapeuten zu Nutze, indem oft reflektorisch über bestimmte Hautorgane (Dermatome) und Reflexzonen ein Reiz ausgesetzt wird, der dann über das Nervensystem zum betreffenden Organ geleitet wird.
Berührungen sind besonders in frühen Lebensphasen geradezu lebensnotwendig. Bereits in der achten Schwangerschaftswoche, lange bevor er sehen und hören kann, reagiert der Embryo auf Berührungsreize. Säuglinge entwickeln sich schlechter, wenn sie nicht oder nur selten in den Arm genommen werden. Permanente Vermeidung von Körperkontakt, kann sogar zum Tode führen.
Die Berührung unserer Mutter ist DIE Erfahrung im Leben, die uns Halt, Sicherheit, Geborgenheit und Liebe vermittelt. Wir brauchen sie auch um Vertrauen zu entwickeln.
Berührung ist überhaupt ein wichtiger Bestandteil unserer kindlichen Entwicklung. Säuglinge greifen instinktiv nach möglichst vielen Dingen um die Welt erfassen zu lernen.
Auch Frühgeborene profitieren von regelmässiger Berührung. Bei gleicher Nahrungsaufnahme nehmen sie mehr an Gewicht zu, wenn sie regelmässig massiert werden. Eine Massage kann bei Säuglingen und Kleinkindern neben vielen anderen positiven Effekten Wachstumshormone freisetzen und die Verdauung stimulieren.
Doch auch im späteren Zusammenleben ist die Berührung von grosser Bedeutung. Wie psychologische Experimente zeigen verhalten sich Menschen kooperativer wenn sie einander berühren. Schon nur eine kurze Berührung am Unterarm oder an der Schulter kann förderlich für eine gute Zusammenarbeit sein.
Berührung vermittelt Vertrauen und Sicherheit. Sie hilft uns über Ängste hinwegzukommen und mehr Mut zu entwickeln. Laut einer Untersuchung können Angsterkrankungen durch regelmässige Berührung gelindert werden.
Berührungen können auch ein Gefühl von Lebendigkeit wiedergeben.
In der Alten- und Krankenpflege ist man sich dessen heute bewusst. Trotzdem wird leider in sozialen und pflegerischen Berufen oft immer noch mehr Wert auf administrative Arbeiten gelegt, die so viel Zeit beanspruchen, dass solch wesentliche und wichtige Erkenntnisse wieder in den Hintergrund gedrängt werden.
Doch auch ausserhalb von sozialen Institutionen berühren wir uns immer weniger in unserem Alltag.
Diese allgemein zunehmende Berührungslosigkeit in unserer Gesellschaft sehen Sinnesforscher mit grosser Besorgnis. Körperkontakt ist oft nicht gesellschaftsfähig. Dabei gibt es jedoch regionale und kulturelle Unterschiede. Menschen aus südlichen Ländern berühren sich häufiger als Menschen im Norden.
Sinnesforscher befürchten, dass psychische Krankheiten durch diesen Mangel an Berührung weiter zunehmen könnten. So hat der Psychologe Martin Grunwald auch einen Zusammenhang zwischen mangelndem Körperkontakt in der Kindheit und Essstörungen im Jugendalter feststellen können.
Menschen die häufiger Körperkontakt mit anderen haben, sind körperlich und seelisch stabiler.
Falsch eingesetzt kann Berührung aber auch negative Auswirkungen auf unser Seelenwohl haben. Sobald die Berührung mit Dominanz und Anspruch in Verbindung gebracht wird, verliert sie ihre heilsame Wirkung. Dann geht es oft um Grenzüberschreitungen mit den Folgen von Stress und Unwohlsein. Berührung ist etwas sehr intimes und erfordert immer gegenseitigen Respekt, Achtsamkeit und Vertrauen.
Auch heilende Berührungen können jedoch negative Gefühle freisetzen. Dabei handelt es sich um Gefühle, die lange vermisst oder unterdrückt worden sind. Nicht selten führen diese nicht aufgearbeiteten Emotionen dann zu Verhärtungen der Muskeln im Nacken- und Rückenbereich.
Laut neueren Forschungsergebnissen weiss man auch, dass ein Trauma aus der Kindheit die Faszienstruktur verändern kann. Diese Veränderung ist noch im Erwachsenenalter durch Schmerzen im Gewebe spürbar. Sehr oft sind diese Schmerzen ebenfalls im Bereich des Rückens zu fühlen.
Wenn solche körperlichen Verhärtungen, die mit alten seelischen Wunden in Verbindung stehen, berührt und bearbeitet werden, kann dies auch mal für einen Moment weh tun und Tränen hervorrufen. Doch Tränen sind Lösungen und helfen uns dabei diese schmerzenden Erlebnisse loszulassen und letztendlich zu heilen.
In der Regel setzten Berührungen aber viele positive Gefühle frei.
Das passiert in deinem Körper bei Berührung:
Dein Körper reagiert auf Berührung indem er das Hormon Oxytocin ausschüttet, welches Ruhe, Vertrauen und Liebe erzeugt. Oxytocin ist in der Lage Stress zu verringern und hilft dem Körper aus dem Flucht- und Kampf- Modus in den Entspannungsmodus zu schalten.
Ausserdem kann die zusätzliche Ausschüttung der Glückshormone Dopamin und Serotonin deine Stimmung aufhellen und Depressionen vorbeugen.
Angenehme Berührungen können auch chronische Schmerzen lindern, das Immunsystem stärken und den Blutdruck senken. Der Herzschlag wird langsamer und die Muskulatur entspannt sich. Weitere Auswirkungen beschreibe ich bei den Therapiemethoden.
Der Tastsinn verbindet uns mit unserer Umwelt. Mit jeder Berührung erfahren wir die Verbindung zwischen unserer Innenwelt und der Aussenwelt.
Wir können uns nicht nur gegenseitig Gutes tun indem wir uns berühren, sondern auch uns selber durch Eigenberührung helfen.
Dies machen wir sogar oft völlig unbewusst indem wir uns in Stresssituationen ins Gesicht fassen. Diese Eigenstimulation hilft uns kognitive Überforderung und Stressempfinden zu regulieren und Störungen der Informationsbearbeitung und emotionale Schwankungen auszubalancieren.
Berührung als Diagnosemittel
Bereits der erste Körperkontakt bei der Begrüssung, verrät dem Naturheilpraktiker, Arzt oder Therapeuten eine Menge Informationen über den Klienten.
Die Feuchtigkeit der Hand lässt vielleicht darauf schliessen dass der Klient nervös ist. Es kann aber auch sein, dass er generell eher feuchte Hände hat. Über die Feuchtigkeit und Temperatur der Haut, kann der Narurheilpraktiker in TEN viel über die Konstitution und das Temperament des Klienten erfahren und darüber wie sein Körper funktioniert und reguliert.
Auch der Händedruck und die Haut- und Gewebebeschaffenheit verrät einiges über den Menschen der vor einem steht.
Indem ich vor und während einer Behandlung das Gewebe des Menschen erspüre, kann ich ebenfalls viele Informationen daraus entnehmen. Der Tonus der Muskulatur, die Beschaffenheit des Bindegewebes, der Haut sowie die Temperatur und Auffälligkeiten bestimmter Hautareale zeigen mir wo ich in der Arbeit meine Schwerpunkte setze. Manchmal liefern diese Tastbefunde auch Informationen die helfen die Ursache der Beschwerden zu erkennen.
Am Fuss lässt sich der ganze Körper mit all seinen Organen, dem Bewegungsapparat und Lymphsystem abtasten. Sämtliche Verhärtungen, Veränderungen, Blockaden und Schmerzpunkte werden spürbar und können durch Druckimpulse und/oder Massage wieder gelöst werden.
Manuelle Therapien die über Berührung funktionieren:
Durch die Anwendung von manuellen Therapien (verschiedenen Formen der Massage, manuelle Lymphdrainage, Fussreflexzonen-Therapie, Akupressur etc.)
Werden folgende Wirkungen und Reaktionen ausgelöst:
- Entspannung von Körper (Muskulatur) und Geist
- Ausgleichung, Harmonisierung des Energiehaushaltes
- Anregung oder Beruhigung von (Organ-)Funktionen und dem vegetativen Nervensystem
- Entgiftung / Entschlackung
- Aktivierung der Selbstheilung
- Regt den Lymphfluss und die Durchblutung an
- Auflockerung und Lösen von Verhärtungen und Verklebungen in Muskulatur und Gewebe
- Lösen von körperlichen, emotionalen und energetischen Blockaden
Was kann ich selber tun um einem Berührungsmangel vorzubeugen:
- Selber mehr körperliche Nähe geben und zulassen. Man darf auch mal nach einer Umarmung bitten oder einfach eine anbieten.
- Sich selber mal tröstend über die Wangen streicheln oder bestärkend auf die Schultern klopfen.
- Sich selber die Hände oder Füsse massieren (kann vor dem Einschlafen sehr beruhigend wirken).
- Den Körper mit einem gesunden Öl oder einer Creme, die man besonders mag eincremen.
- Sich in eine flauschige Decke kuscheln
- Ein umhüllendes Schaumbad geniessen
- Ein Fussbad geniessen und die Füsse dabei sanft und liebevoll waschen.
- Barfuss gehen (über warme Wiesen, Moos, Erde, Wasser...) und dabei die Verbindung zur Natur fühlen.
- Ein Tier streicheln oder mit ihm kuscheln
- Regelmässig mal eine manuelle Behandlung wie z.B. Massage geniessen
- Eigenakupressur oder Klopftechniken anwenden
Wenn man sich selbst öfters liebevolle Zuwendung gibt, fördert dies die Selbstliebe.
Gegenseitige Berührungen fördern ein Gefühl der Verbundenheit und wirken Einsamkeit entgegen.
Ich wünsche dir nun noch viele wunderbare, berührende Momente in deinem Leben.
Herzlichst
Doris
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